Page 8 - VISION 3 Digitalisierung in der Onkologie
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SCHWERPUNKT DIGITALISIERUNG IN DER ONKOLOGIE
Patienten wünschen zieren, klinische Studien zu verbessern und die Diagnos-
sich mehr Zeit mit tik mittels bildgebender Verfahren zur revolutionieren.
Beispielsweise im Bereich der diabetischen Retinopa-
ihrem Arzt und sind thie, bei der sich der Algorithmus gegenüber der fachärzt-
digitalen Angeboten lichen Beurteilung überlegen zeigte. Gleiches gilt für die
Diagnostik des Mammakarzinoms durch die Analyse von
gegenüber sehr offen. Mammographien mittels eines Deep-Learning-Ansatzes
oder Hautkrebs.
Es bewegt sich etwas in Deutschland Viele Fragen werden nicht beantwortet
Auf dem 121. Deutschen Ärztetag im Mai dieses Jahres Digital Health produziert Daten und Werte, von denen
stimmte die Ärzteschaft mit großer Mehrheit für die viele Ärzte in ihrem Studium noch nicht einmal etwas
Lockerung des Fernbehandlungsverbots. gehört haben. Und die Patienten sprechen darüber in
sozialen Netzwerken, sie posten Werte, Symptome und
Bei den großen Krankenkassen hat ein Wettlauf be- Stimmungen, stellen Fragen und bitten um Hilfe. Leider
gonnen, wer mit digitalen Angeboten wie einer elek- sind bislang kaum verlässliche Stellen und Quellen zu
tronischen Gesundheitsakte die meisten Versicherten finden, die kurz und persönlich Fragen beantworten. Häu-
ansprechen kann. Bereits seit etwa zwei Jahren finan- fig landen die Ratsuchenden bei Dr. Google oder einem
zieren ausgewählte Krankenkassen ausgewählte tele- Forum wie Gutefrage.net und sind gefährlichem Halbwis-
medizinische resp. Digital Health-Angebote wie z.B. sen ausgeliefert. Die Diagnose ist im Zweifelsfall Krebs
tinnitracks (Tinnitus-Behandlung) oder die Caterna- und die beste Therapie dagegen, Bachblüten oder Mistel-
Sehschule für Kinder mit Amblyopie. zweige. Neben der Gefahr technischer Fehler, stehen das
Risiko von Fehldiagnosen und die Sicherheit der Daten
Laut den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums der Nutzung im medizinischen Alltag entgegen.
soll es 2021 eine elektronische Patientenakte geben
und der Beginn der Feldtests für die erweiterten Kommunikation ist (fast) alles
Funktionen der elektronischen Gesundheitskarte ist
für Ende dieses Jahres von der gematik angekündigt. Trotz aller Technik stehen an den Kommunikationsschnitt-
stellen Menschen mit einer sehr komplexen Kommunika-
Der Anfang eines Paradigmenwechsels tionsstruktur.
Apple bindet in den USA seit dem Frühjahr 2018 mehr Der Arzt und die Ärztin bleiben die wichtigsten Ansprech-
und mehr digitale Patientenakten aus den Kliniken an partner für Patienten, je kränker, desto intensiver. Es ist
seine Health-App. ihre Aufgabe, in Zukunft nicht nur hinsichtlich erforder-
licher Diagnostik und notwendiger Therapie mit ihren
Zunehmend werden wearables, wireless sensors und Chancen und Risiken zu beraten, sondern auch verlässli-
implantables in klinischen Studien validiert; bei der sich che Quellen im Internet zu nennen und Kompetenz in den
exponentiell erhöhenden Anzahl von verfügbaren Ser- Möglichkeiten der digitalen Medizin und Kommunikation
vices und Geräten geht es bald nicht mehr darum, ob sie zu entwickeln.
genutzt werden (auch diese Zahlen steigen), sondern wel-
chen Einfluss sie auf unser Verständnis von Gesundheit Die 2017 von Gröhe ins Leben gerufene Allianz für Gesund-
haben und wie sie ausgewertet und interpretiert werden heitskompetenz hat den ehrgeizigen Plan, valide, evidenz-
müssen. basierte und v.a. unabhängige Gesundheitsinformationen
zusammenzuführen und für den Bürger verständlich darzu-
Mehr noch: Im Frühjahr dieses Jahres startete Google mit stellen. Gelingt dies, könnte eine wirksame Alternative zu Dr.
der Cloud Healthcare API eine Plattform für Leistungs- Google entstehen und ein medizinisch-fachlicher Bezugs-
erbringer, die eine unvorstellbar große Menge an aggre- punkt für die unzähligen Angebote der digitalen Medizin
gierten Daten aus klinischen Systemen bereitstellt, um in Deutschland.
Risikoprofile präziser zu berechnen oder neue zu identifi-
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