Page 17 - VISION 6 Sonderausgabe OnkoRat
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PRÄZISIONSONKOLOGIE & REAL WORLD DATA
PD Dr. med. Dr. phil. Benjamin Kasenda
Director Research & Development
bei iOMEDICO
Medizinischer Onkologe und
Klinischer Epidemiologe
Leiter von mehreren multizentrischen
Forschungsprojekten im Bereich der
Onkologie und Forschungsmethodik
Das Ziel klinischer Forschung sollte immer sein, die
Versorgung von Patienten zu verbessern. Das bein-
haltet allerdings nicht nur die Effektivität von neuen Wie können uns neue Studiendesigns helfen?
Medikamenten zu testen, sondern es bedarf auch einer
kontinuierlichen und systematischen Erforschung der Es gibt zunehmend erfolgreiche Beispiele (z.B. aus der
Anwendbarkeit – wie effektiv sind die Medikamente Kardiologie), die uns zeigen, wie man effektiv etablierte
tatsächlich in der alltäglichen Versorgung? Strukturen nutzen kann, um patientenrelevante For-
schungsfragen zu beantworten. Diese etablierten Struk-
All diese Fragen sind für Patienten, ihre Ärzte und turen sind z.B. Register, in denen Patientendaten für wis-
Forschende von sehr hohem Interesse. senschaftliche Zwecke gesammelt werden. Sie bieten eine
hervorragende Plattform, um Datensammlungen für inter-
Ein zentrales Problem ist allerdings, dass die tägliche ventionelle Studien zu erleichtern und zu komplettieren.
Versorgung von Patienten und die klinische Forschung oft
als zwei Bereiche gesehen werden. Klinische Forschung Wie können uns neue Technologien helfen?
ist zusätzlicher Aufwand im Rahmen der täglichen Ver-
sorgung – zumindest wie es momentan organisiert ist. Ein weiterer Aspekt ist die intelligente Vernetzung von
Maximal 10% aller erwachsenen Patienten mit bösar- Softwaresystemen um den zusätzlichen Dokumentations-
tigen Erkrankungen werden im Rahmen von klinischen aufwand so gering wie möglich zu halten. Systeme, die in
Forschungsprojekten behandelt und dokumentiert. Die der täglichen Versorgung eingesetzt werden, sollten mit
Marke von 10% wird meist nur in grösseren akademi- Systemen, welche Daten klinischer Forschungsprojekte
schen Kliniken erreicht, nicht aber im Bereich der Nie- sammeln, verknüpft werden. Damit könnten automatisch
dergelassenen oder nicht akademischen Häusern, obwohl Patienten erkannt werden, die für Studien geeignet sind
der Großteil der Patienten hier behandelt wird. Im und doppelte Dokumentation könnte verringert werden.
Gegensatz dazu zeigt die pädiatrische Onkologie schon Dies bedeutet, dass die Datenerfassung für klinische Stu-
dien mit der Datenerfassung in der Routineversorgung
seit Jahrzehnten, dass es auch anders geht. Hier werden
Wissensgenerierende bis zu 70% und mehr der Kinder mit bösartigen Erkran- harmonisiert wird.
kungen in klinischen Forschungsprojekten behandelt
Versorgung heute und morgen – und dokumentiert. Die Fortschritte in der pädiatrischen →
Onkologie über die letzten Jahrzehnte sind herausragend,
obwohl sie finanziell deutlich weniger unterstützt wird.
eine Vision Es ist keine neue Frage, aber sie drängt sich immer wie- Intelligent vernetzte Softwaresysteme
verknüpfen Daten der täglichen Routine
der auf: Wie kann man diese Lücke zwischen Versor-
gung und klinischer Forschung im Sinne der Patienten- mit Daten klinischer Forschungsprojekte
versorgung verbessern? – effizient im Sinne aller Beteiligten.
Wie kann klinische Forschung ein selbstverständlicher
und integraler Teil der Versorgung werden? Wie können
Hürden abgebaut werden, um sich besser miteinander zu
verzahnen? Zuerst ist es sicherlich wichtig, sich die aktu-
ellen Hürden vor Augen zu halten. Da ist zum einen die
oft beklagte zusätzliche Administration und Dokumenta-
tion im Zentrum - hier fehlt es meist an Ressourcen. Ein
weiterer Aspekt sind häufig enge Einschlusskriterien für
Patienten, die eine Teilnahme für viele Patienten nicht
möglich machen.
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