Page 9 - VISION 6 Sonderausgabe OnkoRat
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PRÄZISIONSONKOLOGIE & REAL WORLD DATA




          Wie kann diese Diskrepanz
          überwunden werden?





             Kooperation mit universitären Zentren

             Einige Kolleginnen und Kollegen kooperieren eng mit   tischen Daten möglichst umfangreich erhoben und
             universitären Zentren. An der TUM beispielsweise   ausgewertet werden. Derzeit werden zu diesem Zweck
             besteht die Möglichkeit, externe Patienten in einer   größere, internationale Plattformen etabliert. Bei-
             Spezialambulanz vorzustellen, über die eine Sequen-  spiele hierfür sind „The Cancer Genome Atlas Program
             zierung veranlasst wird (https://cccm.mri.tum.de/de/  (TCGA)“ oder das INFINITY-Register.
             fuer-zuweiser/personalisierte-medizin).
                                                             Im Rahmen  des TCGA  wurden bereits über 20.000
             Kooperation mit kommerziellen                   Primärtumore und passendes gesundes Gewebe mole-
             Diagnostikunternehmen                           kular charakterisiert. Dieses Programm stellt dabei
                                                             sowohl genomische als auch teilweise epigenomische,
             Eine andere Möglichkeit stellen molekulare Tumor-  transkriptomische und proteomische Daten öffentlich
             boards dar, die von kommerziellen Diagnostikunter-  zugänglich für wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung.
             nehmen angeboten werden. Diese erscheinen jedoch   Das INFINITY-Register hingegen schließt Patienten ein,
             zurzeit wenig praktikabel und alltagstauglich.   die eine gezielte Therapie basierend auf molekularpa-
                                                             thologischer Diagnostik erhalten. Im Vordergrund bei
             Kooperation mit unabhängigen Instituten         dieser Registerstudie steht weniger das diagnostische
                                                             Procedere als vielmehr der therapeutische Nutzen
             Theoretisch wären auch unabhängige Institute (mög-  einer gezielten Therapie.
             licherweise mit akademischer Beteiligung) denkbar,
             die die in der Peripherie erhobenen Daten auswerten   Big Data gewinnt bei einem Blick in die Zukunft weiter
             und klinisch nutzbar darstellen.                an Bedeutung. Längst stehen weitere wissenschaftliche
                                                             Methoden in den Startlöchern. Neben Genomics wer-
                                                             den Proteomics, Metabolomics oder auch bildgebende
                                                             Verfahren wie Deep Learning zur Komplexität der Prä-
          Partnerschaften und Netzwerke sind                 zisionsonkologie und Mustererkennung von verschie-
          essentielle Voraussetzung                          denen Tumoren beitragen. Im Lichte dieser Herausfor-
                                                             derungen sollten bereits zum jetzigen Zeitpunkt die
                                                             notwendigen strukturellen Schritte eingeleitet werden,
          Insgesamt erscheint eine intersektorale Partnerschaft   damit der wissenschaftliche Fortschritt tatsächlich bei
          oder bestenfalls ein gut zugängliches wissenschaft-  unseren Patienten ankommt.
          liches Netzwerk von enormer Wichtigkeit bzw. Not-
          wendigkeit, um die diagnostischen Daten bestmöglich
          umsetzen zu können.


          Das therapeutische Vorgehen bei seltenen Tumoren
          beruht oftmals auf einer dürftigen Datenlage. Das skiz-
          zierte individualisierte Vorgehen ist aufwendig, teuer   Big Data gewinnt weiter an Bedeutung.
          und zumindest nach den aktuellen Erfahrungen nur in   Genomics, Proteomics, Metabolomics oder
          wenigen Fällen klinisch erfolgreich. Daher sollten die   auch bildgebende Verfahren werden zur
          individuell erhobenen diagnostischen und therapeu-
                                                             Komplexität der Präzisionsonkologie bei-
                                                             tragen. Diesen Herausforderungen können
                                                             wir nur mit strukturellen Schritten und
                                                             Kooperation begegnen - damit der wis-
                                                             senschaftliche Fortschritt tatsächlich bei
                                                             unseren Patienten ankommt.



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